Grundbuchrecht § Grundlagen, Aufgaben, Regelungen & mehr
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- Das Wichtigste in Kürze
- Das Grundbuchrecht ist ein Spezialgebiet innerhalb des schweizerischen Zivilgesetzbuches
- Es befasst sich mit dem Rechten an Liegenschaften, vergleichbaren Rechten sowie mit dem Grundbuchwesen
- Das Grundbuchrecht ist in das materielle und in das formelle Recht unterteilt
- Das formelle Recht beschäftigt sich insbesondere mit dem Ablauf und der Organisation von Verfahren und Amtshandlungen rund um das Grundbuch
- Das materielle Grundbuchrecht regelt insbesondere die Wirksamkeitsvoraussetzungen und Prinzipien, die bei Rechtsgeschäften in Zusammenhang mit Liegenschaften und Immobilien einzuhalten sind
Grundlagen des Grundbuchrecht
Das Grundbuchrecht ist ein Spezial Rechtsgebiet innerhalb des schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB). Es ist in zwei Teilbereiche untergliedert:
- Das materielle und
- Das formelle Grundbuchrecht
Materielles Grundbuchrecht beschäftigt sich insbesondere mit Fragen nach der Tragweite von Grundbucheintragungen, den Konsequenzen von Nicht Eintragungen und der Bedeutung von Grundbuch relevanten Handlungen für den Bestand bestimmter Rechte. Formelles Grundbuchrecht hingegen stellt eine Form des Organisationsrechts dar.
Es ist in ZGB 958 bis ZGB 977 geregelt und legt fest, wann und wie bestimmte Amtshandlungen des Grundbuchamtes ausgeführt werden sollen. Gemeinsam verfolgen beide Teilbereiche des Rechts bestimmte Ziele. Insbesondere sollen sie für Publizität im Bereich der Immobilien sowie für Rechtssicherheit sorgen. Publizität bedeutet dabei so viel wie „Sichtbarmachung“. Durch das Grundbuchrecht (und insbesondere das Grundbuch) soll es möglich werden, eindeutig zu erkennen, wem etwa das Eigentum an einem Grundstück zusteht und ob ein Grundstück z.B. mit Dienstbarkeiten (wie einem Wohnrecht) belastet ist.
Sind die Eigentumsverhältnisse und Belastungen eines Grundstücks für jedermann ersichtlich, lassen sich die weiteren Ziele des Grundbuchrechts erreichen: Transparenz und Rechtssicherheit. Im Folgenden erfahren Sie Genaueres zu den beiden Teilbereichen des Rechts und ihren Zielsetzungen. Um Aufgaben und Ziele des materiellen und formellen Grundbuchrechts verstehen zu können, ist es jedoch wichtig, zuvor die Bedeutung und Aufgaben des Grundbuchs besser kennenzulernen.
Aufgaben des Grundbuchs
Das Grundbuch ist ein Register, das alle bestehenden Rechte an einem Grundstück abbildet. Dass ein Grundbuch zu führen ist, ergibt sich aus ZGB 942. Allerdings gibt es kein zentrales, gesamtschweizerisches Grundbuch. Vielmehr sind die Grundbuchämter der Kantone für die Grundbuchführung zuständig. Innerhalb der Kantone sind sogenannte Grundbuchkreise ausgewiesen. Je Grundbuchkreis wird ein Grundbuch geführt, das alle Grundstücke des Kreises berücksichtigt.
Hierzu erhält jedes Grundstück, dass sich in dem Grundbuchkreis befindet, ein eigenes Grundbuchblatt sowie eine Grundbuchnummer. Allerdings dient das Grundbuch nicht allein dazu, das Vorhandensein verschiedener Grundstücke zu dokumentieren. Vielmehr bildet es auch die Rechtslage zu jedem Grundstück ab. Das bedeutet: Es gibt Auskunft darüber, wer Eigentümer eines Grundstücks ist und welche sonstigen Rechte an dem Grundstück bestehen. Ausserdem werden im Grundbuch auch dinglichen Rechte an unbeweglichen Sachen (Immobilien) festgehalten. Dingliche Rechte sind dabei unmittelbare Herrschaftsrechte, die Gegenüber jedermann gelten. Im Grundbuch eingetragen werden dabei etwa Eigentumsrechte an Immobilien.
Zweck dieser Dokumentation ist es, die Rechtsverhältnisse und -ansprüche rund um ein Grundstück genau abzubilden. Von aussen sind diese oft nicht sichtbar. Das bedeutet: Erst durch das Grundbuch können Sie als Grundstückskäufer beispielsweise sicher sein, dass eine als Verkäufer auftretende Person wirklich Grundstückseigentümer und damit zum Verkauf berechtigt ist. Ohne ein Grundbuch bestünde die Gefahr, dass Sie den Grundstückskaufpreis an eine Person zahlen, die gar nicht dazu berechtigt und in der Lage ist, Ihnen das Eigentum an einem Grundstück zu verschaffen. Es lässt sich daher sagen, dass die wichtigste Aufgabe des auch als Grundstücksverzeichnis, Grundregister oder Grundbuch Protokoll bezeichneten Grundbuchs die Herstellung von Rechtssicherheit ist.
Das Grundbuch erfüllt somit folgende Aufgaben:
- Dokumentation zur Abbildung von Rechtsverhältnissen
- Bildung einer Rechtslage zu jedem Grundstück
- Herstellung von Rechtssicherheit
Die Regelungen des materiellen Grundbuchrechts
Das materielle Grundbuchrecht beschäftigt sich insbesondere mit Verfügungen über Grundstücke und vergleichbare Rechte sowie mit der Wirkung dieser Verfügungen. Möchten Sie ein Grundstück erwerben oder verkaufen, ist das materielle Recht für Sie besonders relevant. Schliesslich legt es einige Prinzipien fest, die direkte Auswirkungen auf Ihre Geschäfte rund um ein Grundstück haben.
Die wichtigen Prinzipien sind:
- Das Eintragungsprinzip
- Das Altersprioritätsprinzip
- Das Publizitätsprinzip
- Das Kausalitätsprinzip
- Das Spezialitätsprinzip
- Das Akzessionsprinzip und
- Der Grundsatz der Typengebundenheit und Typenfixierung
Das Eintragungsprinzip
Damit das Grundbuch seine Funktion als Register zu allen bestehenden Rechten an Grundstücken erfüllen kann, ist es erforderlich, dass Eintragungen zuverlässig und bei jeder Rechtsänderung eine Grundbuchänderung vorgenommen wird. Um das zu gewährleisten, legt das materielle Grundbuchrecht das sogenannte Eintragungsprinzip fest. Das Eintragungsprinzip besagt, dass für die Entstehung, Änderung oder Aufhebung von Eigentum, Dienstbarkeiten und Grundlasten sowie Pfandrechten stets eine Grundbucheintragung erforderlich ist.
Um Eigentum an einem Grundstück zu erlangen oder Ihr Eigentum an einem Grundstück zu übertragen, reicht es nicht aus, eine mündliche oder schriftliche Einigung bezüglich des Eigentumsübergangs zu treffen. Vielmehr muss die Rechtsänderung in das Grundbuch eingetragen werden, um rechtlich wirksam zu sein.
Das Altersprioritätsprinzip
Das Altersprioritätsprinzip findet dann Anwendung, wenn mehrere beschränkten dingliche Rechten und Vormerkungen in das Grundbuch eingetragen werden und miteinander kollidieren. Ein solcher Fall könnte dann vorliegen, wenn Sie zwei verschiedenen Personen ein Wohnrecht (eine sogenannte Personaldienstbarkeit und damit ein beschränktes dingliches Recht) für eine identische Wohnung einräumen. In diesem Fall legt das Altersprioritätsprinzip fest, dass das früher entstandene Recht Vorrang haben soll. Dementsprechend kann das letztere Wohnrecht mittels Wohnrechtsvertrag nicht ohne Weiteres ins Grundbuch eingetragen werden und entsprechend auch keine Rechtswirkung entfalten.
Das Publizitätsprinzip
Das Publizitätsprinzip ist einer der wichtigsten Grundsätze des materiellen Grundbuchrechts. Er besagt, dass (sofern ein berechtigtes Interesse besteht) Grundbucheinsicht zu gewähren ist. Ausserdem ergibt sich daraus, dass sich jedermann auf die Richtigkeit des Grundbuchs verlassen darf. Letzteres hat beispielsweise zur Folge, dass Sie rechtmässig Eigentum an einem Grundstück erwerben können, selbst wenn der Grundstücksverkäufer zu Unrecht als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen war. Dieser sogenannte gutgläubige Erwerb ist möglich, da das Vertrauen auf den Grundbuchinhalt stets geschützt sein soll. Selbstverständlich ist der gutgläubige Erwerb aber nur möglich, sofern Sie keine Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchinhalts hatten.
Das Kausalitätsprinzip
Das Kausalitätsprinzip ist gesetzlich in ZGB 974 Abs. 2 geregelt und besagt, dass ein sachenrechtliches Verfügungsgeschäft (z.B. die Grundbuchanmeldung zur Eigentumsübertragung) nur wirksam sein kann, wenn ihm ein wirksames die Verpflichtungsgeschäft (die vertragliche Verpflichtung des Grundstückseigentümers sein Eigentum an einen anderen zu übertragen) zugrunde liegt. Das bedeutet: Möchten Sie Ihr Grundstück verkaufen, müssen Sie mit dem Käufer einen wirksamen und formgerechten Kaufvertrag abschliessen. Andernfalls kann keine wirksame Eintragung des Käufers als neuer Eigentümer in das Grundbuch erfolgen.
Das Spezialitätsprinzip
Das Spezialitätsprinzip wird gelegentlich auch Bestimmtheitsgrundsatz genannt und besagt, dass dingliche Rechte nur an bestimmten Sachen bestehen können. Das bedeutet, dass es nur möglich ist, über genau individualisierte Gegenstände zu verfügen. Hierzu ein Beispiel: Besitzen Sie eine Liegenschaft mit drei Immobilien und möchten das Eigentum an einer Immobilie übertragen, muss die Immobilie für das Übertragungsverfahren genau benannt sein. Es reicht also nicht aus, festzulegen, dass das Eigentum an „irgendeiner der drei“ Immobilien übertragen wird. Vielmehr muss die Immobilie genau benannt sein (Immobilie A, B, oder C).
Das Akzessionsprinzip
Das Akzessionsprinzip legt fest, dass sich das Eigentum an Grund und Boden auf sämtliche damit verbundene Gegenstände erstrecken soll. Das bedeutet: Werden auf einem Grundstück Gebäude errichtet oder befinden sich dort Quellen oder Pflanzen, gehen diese automatisch in das Eigentum des Grundeigentümers über. Dieses Prinzip kann nur ausnahmsweise (z.B. durch die Einräumung eines Baurechts) durchbrochen werden.
Der Grundsatz der Typengebundenheit und Typenfixierung
Das materielle Grundbuchrecht als Teil des Sachenrechts legt fest, welche Rechte an Immobilien begründet werden können (Typengebundenheit). Es kennt neben dem Eigentum auch die beschränkten dinglichen Rechte (Dienstbarkeit, Grund- und Personaldienstbarkeiten) sowie Pfandrecht (vgl. ZGB 958 ff.). Nur diese Rechte können in das Grundbuch eingetragen werden. Ausserdem legt es fest, wie genau die eintragungsfähigen Rechte an einem Grundstück ausgestaltet sein sollen (Typenfixierung).
Sonstige Regelungen des materiellen Grundbuchrechts
Neben den oben genannten Grundsätzen legt das materielle Recht ausserdem fest, welche Rechtsbehelfe existieren und wie sie ausgestaltet sind. Zu den grundbuchrechtlichen Rechtsbehelfen zählen insbesondere:
- Grundbuchbeschwerde
- Grundbuchberichtigungsklage
- Berichtigung unrichtiger Einträge
- Erleichterte Löschung
Die Rechtsbehelfe werden dann relevant, wenn Sie sich gegen unrichtige Eintragungen im Grundbuch wehren oder etwa gegen Verfügen oder Unterlassen des Grundbuchamtes vorgehen möchten.
Die Regelungen des formellen Grundbuchrechts
Das formelle Grundbuchrecht stellt ein Organisationsrecht dar. Es regelt, wie die Vorgaben und Prinzipien des materiellen Grundbuchrechts konkret um- und durchzusetzen sind. Es bezieht sich dabei insbesondere auf die Amtshandlungen des Grundbuchamtes und legt fest,
- wie das Grundbuch zu führen ist
- welche Bestandteile das Grundbuch hat
- wie und unter welchen Voraussetzungen Eintragungen und Löschungen im Grundbuch durchzuführen sind
- unter welchen Voraussetzungen die Ausstellung eines Grundbuchauszuges stattfindet und
- welche Gebühren für Amtshandlungen rund um das Grundbuch erhoben werden
Wie kann ein Anwalt bei Fragen zum Grundbuchrecht weiterhelfen?
Das Grundbuchrecht spielt insbesondere dann eine wichtige Rolle, wenn es um den Kauf oder Verkauf einer Liegenschaft geht. Sowohl das materielle als auch das formelle Grundbuchrecht ist in diesem Zusammenhang zu beachten. Werden nicht alle Vorgaben – insbesondere die Formvorgaben zur Grundbucheintragung – beachtet, kann das die Unwirksamkeit von vertraglichen Einigungen zur Folge haben. Sollten Sie den Kauf oder Verkauf einer Liegenschaft planen, ist es daher sinnvoll, rechtzeitig juristischen Rat einzuholen. Ausserdem ist die Hinzuziehung eines Anwalts für den Grundstückseigentümer dann sinnvoll, wenn es um das Vorgehen gegen unrichtige Eintragungen im Grundbuch geht. Der Anwalt für Grundbuchrecht hilft dann dabei, Klagemöglichkeit zu ermitteln und gegen die Falscheintragung vorzugehen.
FAQ: Grundbuchrecht
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